Das virtuose Zusammenspiel von Songwriting, Arrangement, Sound-Programmierung, Mixing und Mastering machen einen Hit aus. Hier zeigen wir Ihnen am Beispiel eines Electro-Pop-Tracks, wie alles zusammenpasst.
Akkorde
Bekanntlich führen viele Wege nach Rom, so auch beim Songwriting. Da bei unserem Track die Harmonien im Vordergrund stehen sollen, beginnen wir nicht mit dem rhythmischen Fundament, sondern mit den Akkorden. Wir haben uns für die zweitaktige Progression Em, C, G, D in der Tonart G-Dür entschieden, die Sie in transponierter Form auch in Bruno Mars' „Grenade" oder „Poker Face" von Lady Gaga finden.
Harmonische Struktur
ln verschiedenen Inversionen zieht sich diese Akkordfolge fast durch unseren kompletten Beispielsong. Während sie in der Strophe vier Takte umfasst, stauchen wir die Progression in den Refrains des Stücks auf die halbe Länge, woraus sich schnellere Akkordwechsel und damit eine Intensitätssteigerung ergeben. Lediglich in der Middle Eight erfährt die Akkordfolge eine Variation (Em, C, Dsus4, D)
Reduktion
Nun, da das harmonische Grundgerüst feststeht, widmen wir uns der musikalischen Ausgestaltung des Refrains. Dabei ist Einfachheit Trumpf: Wenige, genau aufeinander abgestimmte Elemente sind der Schlüssel zu einem kraftvollen und definierten Sound. Das rhythmische Fundament bilden ein geradliniger Drum-Groove sowie eine einfache, aber effektive Bassline mit synkopiertem Rhythmus.
Drums
Für den Beat greifen wir auf Samples der K-Size Electro Edition [1] zurück. Platzieren Sie die Bass-drum auf jeder Viertelzählzeit und die Snare auf der 2 und der 4. Eine durchsetzungsfähige Snare erhalten wir durch Schichten dreier Samples. Ein durchgängiges Achtel-Pattern von Shaker und Hi-Hat sorgt für den gewünschten Drive. Nun gilt es, basierend auf der Akkordfolge eine Bassline zu zaubern.
Bassline
Auch hier spielt die Klangauswahl eine grundlegende Rolle: Für den gewünschten Synth-Pop-Vibe nutzen wir einen klassischen analogen Bass des NI Monark [2], Die Devise „weniger ist mehr" ist bei diesem Instrument ebenfalls gültig: So spielt der Bass in vielen Hits überwiegend die Akkordgrundtöne (in unserem Beispiel E, C, G und D). Berücksichtigen Sie dies beim Einspielen Ihrer Linie
Fine-Tuning
Sorgen Sie durch Einstreuen der jeweiligen Einzelnoten Ihrer Akkorde für Abwechslung. Flüssigere Übergänge lassen sich durch das Spielen der Durchgangsnoten zwischen den Akkordtönen erzielen, wobei nur die Noten der gewählten Skala genutzt werden. Wenn gewünscht, können Sie Ihrer Bassline durch Variation der Notenlängen und Anschlagstärken, Oktav-Sprünge oder kleine Hooks zu mehr Leben verhelfen.
Ausgestalten
Ob Sie Ihre Akkordprogression mit einem Flächenklang spielen oder sie in ein treibendes Arpeggio verwandeln: Jetzt gilt es, die harmonische Struktur Ihres Refrains geschmackvoll zu inszenieren. In unserem Beispielsong ergänzen wir die Bassline mit einer schwebenden Fläche sowie einer pulsierenden Synthesizer-Sequenz, die im späteren Verlauf von einem Akustikgitarrenrhythmus unterstützt wird
Refrain
Die wichtigste musikalische Rolle in unserem Refrain spielt allerdings die Hookline, die der Synthesizer Synapse Audio DUNE LE von der Fieft-DVD spendiert. Programmieren Sieden abgebildeten Sägezahn-Lead, der sich auch in einem dichten Mix durchzusetzen weiß. Das Modulationsrad steuert dabei den Release-Wert der Lautstärkehüllkurve, wodurch sich der Ausklang des Sounds dynamisch variieren lässt
Hookline
Der Lead-Synth spielt unsere Akkordfolge und folgt dabei dem Rhythmus der Bassline, wodurch der rhythmische Effekt noch intensiviert wird. Kleine Akkordvariationen in der zweiten Hälfte des viertaktigen Patterns sorgen für Abwechslung. Diese Notenfolge zeigt, dass man eine einfache Akkordfolge durch eine markante Rhythmisierung im Handumdrehen in eine einprägsame Hookline verwandeln kann
Melodie
ln unserem Song übernimmt ein moderner Electro-Lead-Sound die melodische Funktion der Gesangsstimme, die eines der wichtigsten Elemente eines Hits darstellt. Unser Ziel ist eine Melodie mit Ohrwurmqualitäten. Laden Sie in einem Synthesizer Ihrer Wahl ein durchsetzungsfähiges Lead-Patch. Wie bei der Bassline empfiehlt sich zunächst ein Blick auf die Noten der gespielten Akkorde
Am Haken!
Nehmen Sie doch einmal die höchsten Töne Ihrer Akkordfolge als Grundlage für ihre Melodie. Schon haben Sie eine einfache Melodie, die perfekt zu Ihren Harmonien passt. Versuchen Sie nun, sie durch weitere Noten Ihrer Akkordprogression sowie Durchgangsnoten aus der gewählten Tonart zu ergänzen. Geschickt platzierte melodische Ornamente verhelfen ihr zu einem größeren Wiedererkennungswert.
Strophe
Wenn der Refrain im Kasten ist, können Sie sich den Strophen widmen, die im Vergleich reduzierter ausfallen sollten. Wie wäre es beispielsweise die Strophen mit einem geradlinigen Drum-Groove und einer durchgängigen Achtel-Bassline rhythmischer zu gestalten? Teile Ihrer Hauptmelodie können Sie im Songverlauf mit anderen Instrumenten aufgreifen, damit sie sich bei dem Hörer noch stärker einprägt.
Songstruktur
So findet sich die Notenfolge G, A, H, A des Lead-Sounds auch in der Melodieführung der Strophen unseres Tracks wieder. Erstellen Sie nach Fertigstellung der Strophe Ihre Songstruktur und arbeiten Sie die einzelnen Parts aus. Wir haben uns für die Abfolge Intro, Strophe 1, Refrain 1, Strophe 2, Refrain 2, Middle Eight, Refrain 3 mit einer Bridge vor den ersten beiden Refrains entschieden.
Spannungsaufbau
Bei der Ausarbeitung der noch fehlenden Parts sollten Sie den angestrebten Spannungsverlauf Ihrer Komposition im Hinterkopf behalten. Gestalten Sie diesen durch Verdichten und Ausdünnen sowie mithilfe gezielt eingesetzter Effektklänge. Auch rhythmische Akzente wie Percussion-Fills oder mit plakativen Effekten in Szene gesetzte Synthesizersounds und Vocals sind bewährte „Production-Hooks"
Mix
Im Mix macht sich ein auf wenige essenzielle Elemente reduziertes Arrangement bezahlt: Denn je besser die verwendeten Sounds aufeinander abgestimmt sind, desto geringer der Korrekturbedarf mit Equalizern und Dynamikprozessoren. Sorgen Sie durch den Einsatz von Hall und Delay für Tiefe. Pointiert eingesetzte Effekte wie Filterfahrten oder Modulationseffekte machen Ihre Hooklines einzigartig. ■
Beat #91 Seite 25